Angeborene Herzfehler können in seltenen Fällen direkt oder indirekt zu Lungenhochdruck führen, auch wenn der Fehler operativ behoben wurde. Die Krankheit kann auch weit nach der Operation auftreten, manchmal erst im Erwachsenenalter. Häufig wird sie aber erst spät erkannt. Patienten mit angeborenen Herzfehlern sollten sich deshalb regelmäßig auf Lungenhochdruck untersuchen lassen.
Das Herz-Kreislauf-System ist für die Durchblutung unseres ganzen Körpers zuständig und hält uns dadurch am Leben. Alle Organe und Körperteile sind auf den Sauerstoff im Blut angewiesen. Herz und Lunge arbeiten eng zusammen, um diese Aufgabe zu erfüllen. Das sauerstoffarme Blut fließt über die Venen in den rechten Teil des Herzens und wird von dort aus in die Lunge gepumpt. Hier gibt es Kohlendioxid ab und nimmt Sauerstoff auf. Das sauerstoffreiche Blut fließt dann in die linke Herzkammer und wird von dort aus in den ganzen Körper gepumpt.
Wichtig für das Funktionieren dieses Systems sind unterschiedliche Druckverhältnisse im rechten und linken Herzen. Deshalb sind beide Systeme durch die Herzscheidewand getrennt. Gerade hier treten aber die häufigsten Fehlbildungen auf.
Angeborene Herzfehler kommen in ganz unterschiedlichen Formen vor. Besonders häufig ist aber die Trennung zwischen dem rechten und dem linken Herzen unterbrochen, sodass sich sauerstoffreiches und -armes Blut vermischen kann und die Druckverhältnisse im Herz-Lungen-Kreislauf durcheinander geraten. Besonders häufig sind Löcher in der Herzscheidewand oder falsche Verbindungen, die dafür sorgen, dass Blut aus dem linken ins rechte Herz zurückströmt. Diese Herzfehler nennt man Links-Rechts-Shunts. Sie sind die häufigste Art der angeborenen Herzfehler.
Wird ein Links-Rechts-Shunt nicht korrigiert, führt er zu einem Rückstau und damit auch zu mehr Druck in den Lungengefäßen. Dadurch kann eine Lungengefäßerkrankung entstehen, die zu einem Gefäßumbau und schließlich zu nicht reversiblen Schäden an den Lungengefäßen führt. Sie verengen sich und der Druck in den Lungengefäßen erhöht sich durch diesen Prozess noch weiter, Lungenhochdruck entsteht. Auch abnormale chemische Reaktionen die durch Lungengefäßerkrankungen enstehen tragen zur Entwicklung von Lungenhochdruck bei und können außerdem im schlimmsten Fall zu Gefäßverschlüssen in der Lunge führen.
Aber nicht nur bei unkorrigierten Links-Rechts-Shunts ist die Gefahr des Lungenhochdrucks erhöht: Auch nach einer operativen Korrektur kann sich später Lungenhochdruck entwickeln. Diese Folgeerkrankung muss nicht in direkter zeitlicher Abfolge auftreten. Viele Betroffene erkranken erst im Erwachsenenalter. Während der Lungenhochdruck als Komplikation kurz nach einer Operation am Herzen bekannt ist, wissen leider viele Patienten und auch Allgemeinärzte nichts von der Gefahr, dass die Betroffenen später an Lungenhochdruck erkranken können.
Schon der Lungenhochdruck selbst ist eine große Gefahr für die Patienten. Tritt er aber infolge eines angeborenen Herzfehlers auf, kann als weitere Komplikation die Eisenmenger-Reaktion auftreten: Steigt der Lungendruck durch einen Links-Rechts-Shunt stark an, sucht sich manchmal das Blut einen leichteren Weg. Es bildet sich ein „Kurzschluss“, der dafür sorgt, dass das Blut direkt vom rechten zum linken Herzen strömt. Der Links-Rechts-Shunt hat sich dadurch in einen Rechts-Links-Shunt gewandelt. Da ein Teil des sauerstoffarmen Blutes wieder in den Kreislauf gelangt, ohne vorher in der Lunge Sauerstoff aufzunehmen, wird der Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. In einem solchen Zustand ist das Herz nicht mehr voll funktionsfähig, es kommt nur noch eine kombinierte Herz-Lungen-Transplantation infrage. Die Lebenserwartung und Lebensqualität der Betroffenen sind dadurch stark eingeschränkt.
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